SV Guts Muts Dresden: Unterschied zwischen den Versionen

Aus DSC-Archiv.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Geschichtlicher Hintergrund)
(Geschichtlicher Hintergrund)
 
(13 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
 
[[Datei:Vereinslogo-Dresdner-SV-Guts-Muts.png|200px|mini|rechts|Vereinslogo des historischen Dresdner SV Guts Muts e. V.]]
 
[[Datei:Vereinslogo-Dresdner-SV-Guts-Muts.png|200px|mini|rechts|Vereinslogo des historischen Dresdner SV Guts Muts e. V.]]
  
Der '''Sportverein Guts Muts Dresden''' war ein angedachter und letztlich fiktiv bleibender [[Dresden|Dresdner]] Fußballclub.
+
Die '''Sportvereinigung Guts Muts Dresden''' (kurz '''SV Guts Muts Dresden''' genannt) war ein [[1964]] angedachter und letztlich fiktiv bleibender [[Dresden|Dresdner]] Fußballclub.
  
 
== Geschichtlicher Hintergrund ==
 
== Geschichtlicher Hintergrund ==
  
Der [[DTSB]] beschloss am [[16. August]] [[1965]], Fußballclubs zu bilden, die aus den bestehenden Sportclubs herausgelöst werden sollen. Seinen Ursprung hatte diese Maßnahme in einem internen Papier des [[DFV]] von [[1964]]. Dessen Generalsekretär '''Kurt Michalski''' schlug die Umstrukturierung in seiner geheimen '''Gliederung über Probleme des DDR-Fußballs''' vor. Er hielt es dabei für vorteilhaft, wenn die neuen Fußballclubs bürgerliche Namen bekämen. Geradezu sensationell war sein Vorschlag, aus dem [[SC Leipzig]] wieder den [[VfB Leipzig]] zu machen. Für Dresden hingegen war er nicht ganz so mutig. Doch auch hier wird er traditionell: Die aus dem [[SC Einheit Dresden]] zu entlassende [[Sektion Fußball]] könne den Namen '''SV Guts Muts Dresden''' tragen. Dies in Erinnerung an die historischen Vereine [[ATV Guts Muths Striesen]] (1880–1913), [[TV Guts Muths Dresden]] (1913–1920 und 1922–1946), [[Dresdner FC Guts Muts]] (1902–1905), [[Dresdner SV Guts Muts]] (1905–1920 und 1922–1946) und [[Dresdner TSV Guts Muts]] (1920–1922).
+
Der [[DTSB]] beschloss am [[16. August]] [[1965]], Fußballclubs zu bilden, die aus den bestehenden Sportclubs herausgelöst werden sollen. Seinen Ursprung hatte diese Maßnahme in einem internen Papier des [[DFV]] von [[1964]]. Dessen Generalsekretär '''Kurt Michalski''' schlug die Umstrukturierung in seiner geheimen '''Gliederung über Probleme des DDR-Fußballs''' vor. Er hielt es dabei für vorteilhaft, wenn die neuen Fußballclubs bürgerliche Namen bekämen. Geradezu sensationell war sein Vorschlag, aus dem [[SC Leipzig]] wieder den [[VfB Leipzig]] zu machen. Für Dresden hingegen war er nicht ganz so mutig. Doch auch hier wird er traditionell: Die aus dem [[SC Einheit Dresden]] zu entlassende [[Sektion Fußball]] könne den Namen '''SV Guts Muts Dresden''' tragen. Dies in Erinnerung an die historischen Vereine [[TV Guts Muths Striesen]] (1884–1896), [[ATV Guts Muths Dresden-Striesen]] (1896–1913), [[TV Guts Muths Dresden]] (1913–1920 und 1922–1946), [[Dresdner FC Guts Muts]] (1902–1904), [[Dresdner SV Guts Muts]] (1904–1920 und 1922–1946) und [[Dresdner TSV Guts Muts]] (1920–1922 bzw. 1943).
  
 
Das Zentralkomitee der [[SED]] beschloss am [[18. August]] 1965: ''Die bisher in den Sportclubs bestehenden Fußballsektionen werden ab 1.1.1966 aus den Sportclubs herausgelöst und als selbständige Fußballclubs aufgebaut bzw. einer großen Betriebssportgemeinschaft angegliedert.''
 
Das Zentralkomitee der [[SED]] beschloss am [[18. August]] 1965: ''Die bisher in den Sportclubs bestehenden Fußballsektionen werden ab 1.1.1966 aus den Sportclubs herausgelöst und als selbständige Fußballclubs aufgebaut bzw. einer großen Betriebssportgemeinschaft angegliedert.''
  
Die Herauslösung der Sektion Fußball aus dem SC Einheit in eine '''Betriebssportgemeinschaft''' wurde schließlich im Dezember 1965 beschlossen. Im Gegensatz zu anderen DDR-Städten kam es dabei nicht zur Bildung eines Fußballclubs. Die DDR-Führung hatte Angst, ein [[1. FC Dresden]], gegründet als '''Fusion''' der Fußballer von SC Einheit und [[SG Dynamo Dresden|SG Dynamo]], könnte mit dem von ihnen verhassten [[Dresdner SC]] in Verbindung gebracht werden. Ebenso war [[Stasi]]-Minister [[Erich Mielke]] nicht bereit, seine Dynamo-Mannschaft in Dresden aufzugeben. Die geheimen Fusionspläne wanderten wieder in die Schublade.
+
Die Herauslösung der Sektion Fußball aus dem SC Einheit in eine '''Betriebssportgemeinschaft''' wurde schließlich im Dezember 1965 beschlossen. Im Gegensatz zu anderen DDR-Städten kam es nicht zur Bildung eines Fußballclubs. Die DDR-Führung hatte Angst, ein [[1. FC Dresden]], gegründet als '''Fusion''' der Fußballer von SC Einheit und [[SG Dynamo Dresden|SG Dynamo]], könnte mit dem von ihnen verhassten [[Dresdner SC]] in Verbindung gebracht werden. Ebenso war [[Stasi]]-Minister [[Erich Mielke]] nicht bereit, seine Dynamo-Mannschaft in Dresden aufzugeben. Die geheimen Fusionspläne wanderten wieder in die Schublade.
  
Die Sektion Fußball des SC Einheit Dresden mit ihren 16 Fußballmannschaften machte sich letztlich am [[6. Januar]] [[1966]] unter der Bezeichnung [[FSV Lokomotive Dresden|Fußballspielvereinigung Lokomotive Dresden]] selbstständig. Das westliche bürgerliche Kürzel FSV wurde dem Verein dabei erst nach längerem Hin und Her zugestanden. Clubfarben der von der [[Deutsche Reichsbahn|Deutschen Reichsbahn]] und der [[Hochschule für Verkehrswesen]] unterstützten Betriebssportgemeinschaft wurden Rot und Schwarz. Am [[12. Januar]] 1966 fand die offizielle Gründungsfeier der FSV Lokomotive Dresden statt. Mit dem neuen Vorsitzenden [[Herbert Haufe]] und [[Günter Köhler]] wurden der 1. und 2. Vorsitzende der [[BSG Lokomotive Dresden]] zur FSV Lokomotive Dresden "delegiert".
+
Die Sektion Fußball des SC Einheit Dresden mit ihren 16 Fußballmannschaften machte sich letztlich am [[6. Januar]] [[1966]] unter der Bezeichnung [[FSV Lokomotive Dresden|Fußball-Spielvereinigung Lokomotive Dresden]] selbstständig. Gemeinschaftsfarben der von der [[Deutsche Reichsbahn|Deutschen Reichsbahn]] und der [[Hochschule für Verkehrswesen]] unterstützten Betriebssportgemeinschaft wurden Rot und Schwarz. Am [[12. Januar]] 1966 fand die offizielle Gründungsfeier der FSV Lokomotive Dresden statt. Mit dem neuen Vorsitzenden [[Herbert Haufe]] und [[Günter Köhler]] wurden der 1. und 2. Vorsitzende der [[BSG Lokomotive Dresden]] zur FSV Lokomotive Dresden "delegiert". Das an westliche Vereine anmutende Kürzel FSV wurde dem Verein erst nach längerem Hin und Her zugestanden. Dabei wurde die Gründung der "FSV Lok Dresden" in der [[Fuwo]] vom [[11. Januar]] 1966 noch groß bekanntgegeben und es störte sich einige Wochen lang niemand daran. In der Fuwo vom [[15. Februar]] 1966 gab der [[DFV]]-Spielausschuss dann plötzlich offiziell bekannt, dass die Mannschaft vorübergehend nur als "Dresden" bezeichnet werden darf. Am [[8. März]] 1966 gab der DFV-Spielausschuss in der Fuwo bekannt, dass die Mannschaft nun offiziell "Lok Dresden" heißt. Erst im amtlichen DFV-Ansetzungsheft für die [[Saison 1966/1967]] wurde die ''BSG "FSV Lokomotive Dresden"'' verschämt wieder genannt. In der Fuwo tauchte das Kürzel FSV sogar erst zur [[Saison 1967/1968]] wieder auf.
  
Zweieinhalb Jahre später erklärte der DTSB-Bezirksvorstand auf Anordnung der SED-Bezirksleitung Dresden die SG Dynamo Dresden am [[28. Juli]] [[1968]] zum Fußball-Leistungszentrum des Bezirkes Dresden. Dadurch war die FSV Lokomotive Dresden nunmehr auch offiziell dazu verpflichtet, sämtliche Talente an die SG Dynamo Dresden abzuführen. Der Sturz in die sportliche Bedeutungslosigkeit war fortan nicht mehr aufzuhalten. [[Werner Krolikowski]], Erster Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden, bevorzugte eigentlich den zivilen Vertreter FSV Lokomotive Dresden, was die Bezirksleitung auch dem FSV-Leiter Herbert Haufe mitteilte. Auch das [[Ministerium für Verkehrswesen]] war bereit, neben dem [[1. FC Lokomotive Leipzig]] eine zweite [[DDR-Oberliga]]-Mannschaft zu finanzieren. In einem internen Machtkampf der Politbonzen setzte sich am Ende jedoch [[Erich Mielke]] mit seiner [[Stasi]]-Mannschaft SG Dynamo Dresden durch. Dynamo-Clubchef wurde der ehemalige FSV-Geschäftsführer [[Wolfgang Hänel]]. Als erster FSVer musste Stürmer [[Eduard Geyer]] zur SGD wechseln.
+
{{#ev:youtube|https://www.youtube.com/watch?v=JoJRt40aJIU|650|right|Dresdner Fußballvereinigung Dynamo}}
 +
 
 +
Übrigens kam es auch bei der SG Dynamo zu einer Umbenennung: Die [[Dresdner FV Dynamo|Dresdner Fußballvereinigung Dynamo]] wurde am [[13. Januar]] [[1966]] als Nachfolger der SGD gegründet. Da der Beschluss zur Umbenennung von der Sportvereinigung Dynamo jedoch nicht bestätigt wurde, spielte der Club als SG Dynamo Dresden weiter.
 +
 
 +
Zweieinhalb Jahre später erklärte der DTSB-Bezirksvorstand auf Anordnung der SED-Bezirksleitung Dresden die SG Dynamo Dresden am [[28. Juli]] [[1968]] zum Fußball-Leistungszentrum des Bezirkes Dresden. Dadurch war die FSV Lokomotive Dresden nunmehr auch offiziell dazu verpflichtet, sämtliche Talente an die SG Dynamo Dresden abzuführen. Der Sturz in die sportliche Bedeutungslosigkeit war fortan nicht mehr aufzuhalten. [[Werner Krolikowski]], Erster Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden, bevorzugte eigentlich den zivilen Vertreter FSV Lokomotive Dresden, was die Bezirksleitung auch dem FSV-Leiter Herbert Haufe mitteilte. Auch das [[Ministerium für Verkehrswesen]] war bereit, neben dem [[1. FC Lokomotive Leipzig]] eine zweite [[DDR-Oberliga]]-Mannschaft zu finanzieren. In einem internen Machtkampf der Politbonzen setzte sich am Ende jedoch [[Erich Mielke]] mit seiner [[Stasi]]-Mannschaft SG Dynamo Dresden durch. Dynamo-Clubchef wurde der FSV-Geschäftsführer [[Wolfgang Hänel]]. Als erster FSVer musste Stürmer [[Eduard Geyer]] zur SGD wechseln.
  
 
[[Kategorie:Sportverein]]
 
[[Kategorie:Sportverein]]

Aktuelle Version vom 15. Mai 2023, 03:50 Uhr

Vereinslogo des historischen Dresdner SV Guts Muts e. V.

Die Sportvereinigung Guts Muts Dresden (kurz SV Guts Muts Dresden genannt) war ein 1964 angedachter und letztlich fiktiv bleibender Dresdner Fußballclub.

Geschichtlicher Hintergrund[Bearbeiten]

Der DTSB beschloss am 16. August 1965, Fußballclubs zu bilden, die aus den bestehenden Sportclubs herausgelöst werden sollen. Seinen Ursprung hatte diese Maßnahme in einem internen Papier des DFV von 1964. Dessen Generalsekretär Kurt Michalski schlug die Umstrukturierung in seiner geheimen Gliederung über Probleme des DDR-Fußballs vor. Er hielt es dabei für vorteilhaft, wenn die neuen Fußballclubs bürgerliche Namen bekämen. Geradezu sensationell war sein Vorschlag, aus dem SC Leipzig wieder den VfB Leipzig zu machen. Für Dresden hingegen war er nicht ganz so mutig. Doch auch hier wird er traditionell: Die aus dem SC Einheit Dresden zu entlassende Sektion Fußball könne den Namen SV Guts Muts Dresden tragen. Dies in Erinnerung an die historischen Vereine TV Guts Muths Striesen (1884–1896), ATV Guts Muths Dresden-Striesen (1896–1913), TV Guts Muths Dresden (1913–1920 und 1922–1946), Dresdner FC Guts Muts (1902–1904), Dresdner SV Guts Muts (1904–1920 und 1922–1946) und Dresdner TSV Guts Muts (1920–1922 bzw. 1943).

Das Zentralkomitee der SED beschloss am 18. August 1965: Die bisher in den Sportclubs bestehenden Fußballsektionen werden ab 1.1.1966 aus den Sportclubs herausgelöst und als selbständige Fußballclubs aufgebaut bzw. einer großen Betriebssportgemeinschaft angegliedert.

Die Herauslösung der Sektion Fußball aus dem SC Einheit in eine Betriebssportgemeinschaft wurde schließlich im Dezember 1965 beschlossen. Im Gegensatz zu anderen DDR-Städten kam es nicht zur Bildung eines Fußballclubs. Die DDR-Führung hatte Angst, ein 1. FC Dresden, gegründet als Fusion der Fußballer von SC Einheit und SG Dynamo, könnte mit dem von ihnen verhassten Dresdner SC in Verbindung gebracht werden. Ebenso war Stasi-Minister Erich Mielke nicht bereit, seine Dynamo-Mannschaft in Dresden aufzugeben. Die geheimen Fusionspläne wanderten wieder in die Schublade.

Die Sektion Fußball des SC Einheit Dresden mit ihren 16 Fußballmannschaften machte sich letztlich am 6. Januar 1966 unter der Bezeichnung Fußball-Spielvereinigung Lokomotive Dresden selbstständig. Gemeinschaftsfarben der von der Deutschen Reichsbahn und der Hochschule für Verkehrswesen unterstützten Betriebssportgemeinschaft wurden Rot und Schwarz. Am 12. Januar 1966 fand die offizielle Gründungsfeier der FSV Lokomotive Dresden statt. Mit dem neuen Vorsitzenden Herbert Haufe und Günter Köhler wurden der 1. und 2. Vorsitzende der BSG Lokomotive Dresden zur FSV Lokomotive Dresden "delegiert". Das an westliche Vereine anmutende Kürzel FSV wurde dem Verein erst nach längerem Hin und Her zugestanden. Dabei wurde die Gründung der "FSV Lok Dresden" in der Fuwo vom 11. Januar 1966 noch groß bekanntgegeben und es störte sich einige Wochen lang niemand daran. In der Fuwo vom 15. Februar 1966 gab der DFV-Spielausschuss dann plötzlich offiziell bekannt, dass die Mannschaft vorübergehend nur als "Dresden" bezeichnet werden darf. Am 8. März 1966 gab der DFV-Spielausschuss in der Fuwo bekannt, dass die Mannschaft nun offiziell "Lok Dresden" heißt. Erst im amtlichen DFV-Ansetzungsheft für die Saison 1966/1967 wurde die BSG "FSV Lokomotive Dresden" verschämt wieder genannt. In der Fuwo tauchte das Kürzel FSV sogar erst zur Saison 1967/1968 wieder auf.

Dresdner Fußballvereinigung Dynamo

Übrigens kam es auch bei der SG Dynamo zu einer Umbenennung: Die Dresdner Fußballvereinigung Dynamo wurde am 13. Januar 1966 als Nachfolger der SGD gegründet. Da der Beschluss zur Umbenennung von der Sportvereinigung Dynamo jedoch nicht bestätigt wurde, spielte der Club als SG Dynamo Dresden weiter.

Zweieinhalb Jahre später erklärte der DTSB-Bezirksvorstand auf Anordnung der SED-Bezirksleitung Dresden die SG Dynamo Dresden am 28. Juli 1968 zum Fußball-Leistungszentrum des Bezirkes Dresden. Dadurch war die FSV Lokomotive Dresden nunmehr auch offiziell dazu verpflichtet, sämtliche Talente an die SG Dynamo Dresden abzuführen. Der Sturz in die sportliche Bedeutungslosigkeit war fortan nicht mehr aufzuhalten. Werner Krolikowski, Erster Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden, bevorzugte eigentlich den zivilen Vertreter FSV Lokomotive Dresden, was die Bezirksleitung auch dem FSV-Leiter Herbert Haufe mitteilte. Auch das Ministerium für Verkehrswesen war bereit, neben dem 1. FC Lokomotive Leipzig eine zweite DDR-Oberliga-Mannschaft zu finanzieren. In einem internen Machtkampf der Politbonzen setzte sich am Ende jedoch Erich Mielke mit seiner Stasi-Mannschaft SG Dynamo Dresden durch. Dynamo-Clubchef wurde der FSV-Geschäftsführer Wolfgang Hänel. Als erster FSVer musste Stürmer Eduard Geyer zur SGD wechseln.